Es gibt Dinge, die muss man einfach mal gemacht haben. Selbst erlebt haben, um die eigene Vorstellung von etwas bestätigt zu wissen oder widerlegt zu bekommen. 

Einmal im Hostel in einem Mehrbettdorm zu übernachten gehörte für mich dazu. Habe ich noch nie gemacht (von der Jugendherberge in der Schulzeit mal abgesehen) und mit nun 38 wollte ich es unbedingt einmal ausprobieren. Überall liest man schließlich immer, wie lustig das sei & wie schnell man dort Anschluss findet. Dass das die günstigste Art der Übernachtung sei und für Low Budget Reisen unschlagbar. Nun, ich wollte wissen, ob es für mich auch in Frage kommt und ob es wirklich so unschlagbar ist. 

Kommt ein Dorm für mich in Frage? Jein. 

Ja, weil es unschlagbar günstig ist, nein, weil meine Erfahrung im Dorm nicht so berauschend war. Die 3 Nächte, die ich dort verbrachte, waren mehr anstrengend als erholsam. Wenn ich mich erholen möchte, dann ist ein Hosteldorm absolut nichts für mich. Jedenfalls nicht für längere Aufenthalte als für 1-2 Nächte – es sei denn, meine Zimmernachbarn sind meine Freunde oder ich habe zumindest einen Mitreisenden, an den man sich dann halten kann, wenn die anderen einfach nicht so der Hit sind. Wenn ich nochmal in einem Hostel übernachten würde, dann wahrscheinlich in einem 2-er oder maximal 3-er Zimmer, mehr aber wohl nicht. 

Das ist meine persönliche Meinung und sie muss nicht für Dich gelten. Aber es gibt sicher ein paar Hinweise, an denen Du schon vorher festmachen kannst, ob es Dir liegen wird oder eher nicht.

Dorm oder Einzelzimmer? Fragen, die Du Dir vorher stellen solltest: 

1. Bist Du schüchtern? Oder sehr introvertiert?

Wenn Du sehr schüchtern bist, dann ist ein größeres Dorm wahrscheinlich eher nichts für Dich. Ok, dieser Punkt kann ein Für und Wider sein. Unter Umständen ist ein Hostel dann für Dich eine Gelegenheit, schneller in Kontakt zu kommen, weil Du Zeit auf engstem Raum mit anderen verbringst und Kontakt unausweichlich ist. Das kann gut gehen & lustig werden.

In meinem persönlichen Fall ist es eher ein Wider. Wenn ich jemanden noch nicht kenne bin ich eher schüchtern und abwartend. Die große Klappe kommt erst später. Je nachdem auf welche Mitreisenden man stößt, kann das schon mal zu unangenehmer Stille führen. Und unangenehme Stille mag ich überhaupt nicht. Wenn es Dir genauso geht und Du diese bedrückende Stille nur schwer aushalten kannst: lass es mit dem Dorm! Die Möglichkeit besteht, dass Du auf Reisende triffst, mit denen Du einfach nicht auf einer Wellenlänge bist und mit denen trotz Bemühungen nicht mal der lapidarste Smalltalk möglich ist. Ich habe es vergeblich versucht. Womit wir direkt zu Punkt 2. kommen:

2. Kannst Du damit umgehen, Raum mit möglicherweise unhöflichen oder unsympathischen Menschen auf Zeit zu teilen? 

Ich kann das nicht. Ich bekomme dann schnell einen Fluchtgedanken, denn mir ist meine Zeit zu kostbar und ich möchte mich auf Reisen wohl fühlen. Und es nicht aushalten müssen. Zum Wohlfühlen gehört für mich z. B. ein minimales Maß an Höflichkeit. Ein nettes Hallo oder Tschüss, wenn man den Raum betritt wären solche minimalen Kleinigkeiten, die ich als höflich empfinde. Oder sich kurz vorzustellen. Hi, ich bin Bille. Tut echt nicht weh. Gerade wenn man auf engstem Raum im selben Zimmer schläft.

Das kommt sicher nochmal auf die Größe des Dorms an. In einem 12er Dorm oder gar noch größer stellt man sich vielleicht nicht unbedingt jedem vor und sagt jedem Hallo und Tschüss, wenn man durch die Tür tritt, sondern beschränkt sich vielleicht auf die Menschen direkt rechts und links neben einem. Wenn ich mir mit allerdings gerade Mal 5 anderen Mädels ein Zimmer und Bad teile, dann sollte dieses Minimum an Höflichkeit einfach sein und ich nehme es fast schon persönlich, wenn diese niedlichen  Kleinigkeiten ausbleiben. Daraus folgt unweigerlich die nächste Frage: 

3. Ist es okay für Dich, Dir ein Bad mit Fremden zu teilen? 

Dieser Punkt war eigentlich vorher schon klar. Man teilt im Hostel ein Zimmer und somit auch ein Bad. Es gibt Dorms mit Bad direkt im Zimmer oder aber auf dem Flur. In meinem Fall war das Bad mit im Zimmer. Eigentlich cool. Aber wie ätzend ich es dann finden würde, nach Personen, die mir nicht gerade sympathisch waren, zu duschen, das musste ich später feststellen. Glaub mir, man entwickelt da zur fehlenden Sympathie noch gleich einen kleinen Ekel gratis mit hinzu. 

4. Hast Du einen tiefen Schlaf oder wirst Du bei den geringsten Umgebungsgeräuschen schnell wach?

Da ich in Barcelona den ganz Tag unterwegs sein würde, dachte ich, mich überfällt abends der Schlaf der Gerechten und ich würde einfach nichts mehr mitkriegen. Weit gefehlt. Jedes Geräusch auf dem Flur, da mein Zimmer direkt gegenüber des Aufzugs war und meine Heim kommenden Zimmernachbarinnen… Ich hätte ausflippen können. Das eine Grüppchen kam um 0 Uhr Heim und werkelte erstmal für eine Stunde. Diese einmalige Schlafunterbrechung wäre noch auszuhalten gewesen,  denn zugegebenermaßen waren die beiden Mädels wenigstens bemüht leise. Wach war ich trotzdem.

Die anderen kamen um 3 Uhr betrunken rein und waren weniger rücksichtsvoll und rissen mich damit nochmal in derselben Nacht für 1 – 1,5 Stunden aus dem Schlaf. So erschöpft und tief und fest schlafen konnte ich gar nicht, um davon nicht wach zu werden. Der nächste Morgen war erstmal von schlechter Laune geprägt, als ich die Augenränder, die ich aus der anstrengenden Nacht mit in den Morgen nahm, sah.  

5. Reist Du alleine oder in Begleitung? 

Dieser Punkt ist sicherlich nicht zu unterschätzen. Wenn ich alleine verreise ist mir Ruhe sehr wichtig. Ich genieße Natur dann auch mehr als Stadt und mag es einfach sehr, für mich zu sein. Alleine brauche ich einen Rückzugsort, an dem ich die Stille ungehindert genießen kann. So lade ich meine Akkus wieder auf. Ein Mehrbettdorm im Hostel kann einem diese Stille einfach nicht bieten. Da ist immer was los, jederzeit kann jemand ins Zimmer kommen, stört diese Ruhe. Wenn Du alleine reist, um Gesellschaft zu finden, dann ist ein Dorm sicherlich die richtige Wahl. Wenn Du allerdings, wie ich, gerne mit Dir allein bist und es auch nicht unbedingt Deine Priorität ist, andere auf Deiner Reise kennenzulernen, dann wird in einem Dorm die Sehnsucht nach Ruhe garantiert nicht gestillt werden.  

6. Ist Dir Ordnung sehr wichtig oder kannst Du mit temporärer Unordnung gut umgehen? 

Ich liebe Ordnung. Auch im Chaos. Deswegen habe ich meinen Kram immer schön zurück in den Kasten unterhalb des Betts verstaut – wie es dann darin aussah war allerdings egal. Hauptsache, mein Zeug lag nicht verstreut im ganzen Zimmer rum. Nicht so die anderen Damen auf meinem Zimmer. Ihre Locker haben sie unter dem Bett hervorgezogen, um sie nach oben öffnen zu können. Nun standen die Klötze mitten im Raum, normales Gehen war unmöglich. Die Koffer und Taschen lagen dennoch daneben und der Inhalt auf dem restlichen wenigen Platz, der noch übrig war im Dorm. Das muss natürlich nicht mit allen Zimmergenossen/Zimmergenossinnen so sein, war bei mir allerdings so. Und wenn ich keinen Fuß vor den anderen setzen kann ohne zu stolpern, fühle mich in meiner (ohnehin schon beengten) Umgebung einfach nicht wohl. Allein schon die Möglichkeit, dass ich jedesmal an solche Chaoten geraten könnte verhagelt mir die Laune. 

7. Wie wichtig sind Dir Menschen in Deinem Alter?  

Ja. Ich fühle mich jung mit 38. Ich habe auch kein Problem damit, mich mit jüngeren Menschen zu umgeben. Viele meiner Freunde sind deutlich jünger und ich genieße ihre Gesellschaft sehr. Allerdings gibt es auch Grenzen. Horden 16-Jähriger zum Beispiel. Im Hostel steigen viele junge Menschen ab und das, in welchem ich schlief, war so groß, dass dort viele Schulklassen wohnten. Vereinzelt waren dort auch ältere Semester anzutreffen, allerdings die Mehrzahl während meines Aufenthaltes war so um die 16-19 Jahre alt. Da fühlte ich mich dann doch plötzlich irgendwie fehl am Platz. Meine Bettnachbarinnen waren ebenfalls so um die 19-20. Eine Basis war einfach nicht da. Wenn Dir das egal ist: Go! 

Ob ich nochmal im Hostel übernachten werde? Ich sage niemals nie. Bestimmt werde ich das, ja. Aber dann sicher in einem noch kleineren Zimmer und möglicherweise, wenn ich ohnehin mit einer Reisebegleitung unterwegs bin. Dann erträgt sich Blödes ohnehin viel leichter und es ist direkt nur noch halb so schlimm. 

Wie sind Deine Erfahrungen im Dorm? Hast Du ähnliche gemacht wie ich? Oder bist Du komplett anderer Meinung? Erzähl‘ mir davon.