„Alleine? Nein, das könnte das nicht. Mir würde jemand fehlen, mit dem ich all die schönen Erlebnisse teilen kann, wenn ich alleine unterwegs wär. Ist doch total langweilig.“

 

Kennst Du diese Gedanken? So, oder so ähnlich habe ich selbst noch vor einiger Zeit argumentiert, wenn mir jemand vorschlug, doch einfach alleine in Urlaub zu fahren. Heute weiß ich gar nicht mehr, warum. Diese Bedenken sind wie weggeblasen. 

Allein reisen oder mit befreundeten Pärchen? 

Als Single hat man es nicht unbedingt leicht. Vor allem nicht in einem Freundeskreis, in dem fast 90 % aller anderen in festen Beziehungen stecken und die Hochzeits- oder Familienplanungen schon im vollem Gange sind. Da bleibt eigentlich nur, Urlaub mit einem befreundeten Pärchen zu machen oder allein zu reisen.

Doch die Vorstellung, mit einem einzelnen Pärchen, womöglich noch relativ frisch verliebt, zu dritt zusammen in Urlaub zu fahren, ist für mich im Moment erschreckender, als allein zu reisen. Nichts gegen Frischverliebte. Ich gönne es ihnen von Herzen. Aber der Gedanke, ständig von Verliebten umgeben zu sein, die sich zwischendurch immer wieder anschmachten (Urlaub löst ja doch noch mal eine Portion extra-romantische Gefühle in einem aus), weckt in mir nicht gerade große Lust auf eine Reise mit ihnen. Ich würde mich womöglich öfter als mir lieb ist störend fühlen.

Reise allein und entspann Dich

Inzwischen sehe ich dem Alleinreisen ohnehin viel gelassener entgegen. Dazu brauchte es lediglich eine einzige, kurze Erfahrung, wie es tatsächlich auch ist, allein zu verreisen. Einen Icebreaker, wenn man so will. Bei mir war das mein Irland-Kurztrip Anfang des Jahres. Und seitdem ist der Knoten geplatzt.

Normalerweise bin ich vor einer Reise immer total hibbelig, finde kaum Ruhe vor dem Abflug. Diesmal war selbst das anders. Im Vorfeld hatte ich noch die üblichen Bedenken, doch bald wich dieses Gefühl einer inneren Ruhe, die ich so zuvor gar nicht kannte. Ich fuhr so entspannt und gelassen zum Flughafen, dass ich mich zwischendurch über mich selbst wunderte, weil ich so überhaupt nicht Bille-typisch drauf war. Und auch die Zeit in Irland selbst war so tiefenentspannt, dass ich mich anschließend fragen musste, ob alleine reisen nicht vielleicht sogar die schönere, erholsamere Art des Reisens ist.

Was also ist am Alleinreisen so schön? Hier meine Top 7:

1. Wenn man alleine reist, ist man nur für sich selbst verantwortlich. Das fängt schon beim Packen an. Du musst nur an Dich und Deine Bedürfnisse denken und nicht noch daran, ob Dein Reisepartner eventuell auch an seine Allergietabletten oder seine Badeschläppchen gedacht hat.

2. Ruhe!! Schon auf dem Weg zum Flughafen kommst Du zur absoluten Ruhe. Keine aufgeregten Schnattergespräche darüber, was man sich alles ansehen muss und wo man unbedingt hin sollte, ob man auch an alles gedacht hat. Nur Du selbst und Deine Vorfreude auf die kommenden Tage / Wochen. Und ein Kaffee nach dem Check In in aller Stille mit Blick auf die Rollbahn hat fast schon etwas meditatives.

3. Du musst vor Ort keine Kompromisse eingehen. Wenn Du keine Lust auf die Stadtrundfahrt mit einem Touristenbus hast, dann brauchst Du das nicht tun. Punkt! Keine Diskussionen, keine wilden Überredungsversuche denen Du ausgesetzt bist. Da ist niemand, dem Du ihm oder ihr zuliebe Dinge tun müsstest, auf die Du eigentlich keine Lust hast. Auch keine Schnick-Schnack-Schnuck Entscheidungskämpfe, wo man nun essen geht. Du entscheidest ganz allein aus Deinem Bauch heraus und verbringst Deinen Tag genau so, wie Du es möchtest. 

4. Du kommst zu Dir und bist ungestört mit Dir selbst. Als ich durch die Wicklow Mountains wanderte und so ganz mit mir allein war, tat mir das unglaublich gut. Ich konnte das erste Mal seit langem absolut abschalten und einfach nur die Natur und die Umgebung genießen, dem Vogelgezwitscher lauschen und meine Gedanken fließen lassen. Niemand war da, der meine Gedanken unterbrach. Ich kann gut mit mir allein sein, mache das auch oft zuhause. Aber dort gelingt mir dieser entspannte Zustand selten, weil ich dort immer noch von meinem Alltag umgeben bin. In Irland nicht. Dort war alles ganz leicht, ich konnte ungestört und fernab dem Alltag über mich nachdenken und kam ganz leicht zu Schlüssel-Erkenntnissen – oder ich dachte einfach gar nicht nach und genoss diesen Zustand der Schwerelosigkeit im Kopf. Diese Ich-Zeit tat mir so unglaublich gut, dass ich mehr davon möchte.

5. Alleinreisende sind und wirken offener anderen gegenüber. Versteh’ mich nicht falsch, ich sage nicht, dass man total verschlossen ist, wenn man nicht alleine reist. Aber es ist anders, wenn man allein unterwegs ist. Ich dachte immer, es sei total schwer, jemanden im Urlaub kennenzulernen, Kontakte zu knüpfen. Doch irgendwie fand ich es allein sogar einfacher mit anderen in Kontakt zu kommen. Normalerweise wäre man ja auf den oder die Mitreisende/n fixiert, man ist sich dann oft auch genug. Reist man allein, so sucht man auch gern mal das Gespräch mit Einheimischen oder wird angesprochen. Und genießt dann deren ganze Aufmerksamkeit. So hatte ich z. B. ein wundervolles Abendessen mit einem älteren Herrn namens John aus Glendalough, an das ich noch heute gerne denke.

6. Man wird mutiger und spontaner. Normalerweise bin ich ein Sicherheitsfreak und nicht wirklich mutig. Ich suche mir, vor allem wenn ich die Umgebung nicht kenne, jeden Weg vorher auf der Karte raus und checke alle Bus- und Bahnverbindungen. Als ich auf dem Weg vom Flughafen zu meiner 1. Station in Irland war, hatte ich mir eigentlich fest vorgenommen, dass ich mit dem Bus bis Bray fahre – meine 1. Station. Im Bus entschied ich mich während der Fahrt spontan um und fuhr bis Greystones weiter, einfach, weil mir gerade danach war. Keine Gedanken darüber, ob ich die Strecke zurück über den gesamten Cliff Walk nach Bray in der Zeit schaffen und am Abend dann rechtzeitig meinen Bus nach Glendalough kriegen würde, ich lebte einfach nur für diesen einen Moment und für das, was mir mein Bauch gerade diktierte. 

7. Ein ganz entscheidend wichtiger Punkt für (Hobby-)Fotografen: man kann so lange fotografieren und sich an einem Motiv aufhalten, wie man möchte! Niemand, der irgendwann ungeduldig von einem Bein auf das andere trippelt, weil man seid gefühlten Stunden an einer Stelle steht und versucht, die perfekte Langzeitbelichtung am Tag hinzubekommen. Keiner, der einen weiter hetzt, weil man schon wieder stehen bleibt, um diesen einen, tollen Zweig zu fotografieren. Nur Du, Deine Kamera und jede Menge Zeit für Motive, Experimente und hundertfache Auslösungen. Herrlich.

Meine nächste Reise wird auch wieder allein statt finden. Und ich freue mich jetzt schon riesig darauf! Wie steht’s mir Dir? Bist Du schon mal allein verreist? Oder denkst Du auch eher: och nö, das ist nichts für mich?