Urlaubszeit. Irgendwo am Mittelmeer sitzt ein Pärchen in einer Cocktailbar in der Nacht und genießt „La Vida Loca“. Sommer, Sonne, Strand und Auszeit. Die Wangen sind gerötet von den Cocktails, die Haut von der Sonne. Die Hitze des Sommers liegt noch in der leicht kühleren Abendluft. Es ist spät geworden und so langsam legt sich die Müdigkeit wie ein sanfter Schatten über sie und ihn.

„Komm, lass uns ins Hotel gehen“ sagt er und zieht sie sanft mit sich. Er taumelt ein wenig, die Sonne des Tages & der Alkohol der Nacht kombinieren sich zu einem angenehmen Schwipps. Ihm ist das egal, er fühlt sich gut. Ja und mutig! Der Tag war perfekt, der Moment könnte es auch sein. Jetzt oder nie!

„Ach Maus, das war ein wunderschöner Tag. Der Urlaub mit Dir ist so schön. Weißt Du eigentlich, wie lieb ich Dich habe? Ich glaube… ich… ich… liebe Dich „.

Sie antwortet mit einem kurzen, atemlosen Schweigen, gefolgt von einem peinlich berührten Kichern.
„Und ich glaub, Du bist betrunken!“

Die falschen Worte zur falschen Zeit.

Das saß und war sicherlich nicht das, was er auf seine mutig hervorgebrachte Liebeserklärung hören wollte. Und sicher auch nicht erwartet hatte. Er fühlte sich schlecht. Genau wie sie. Warum konnte sie ihm nicht einfach auch sagen, dass sie ihn liebte? Warum musste sie ihm die denkbar unromantischsten Worte in dieser eigentlich so perfekten Situation an den Kopf werfen? War das gerade nicht eigentlich der perfekte Moment, in dem sie seine Liebeserklärung mit einer eigenen hätte erwidern sollen? Doch, das macht man doch so. Sagt einer „Ich liebe Dich“ antwortet man mit „ich Dich auch“. Oder etwa nicht?

Ja, das kannst Du so machen. Wenn Du ehrlich fühlst, dass Du den anderen ebenso liebst, wie er Dich. Aber nur dann!

Doch was, wenn Du noch nicht so weit bist? Was, wenn die eigenen Gefühle zwar zweifelsfrei vorhanden sind, aber für die 3 großen Worte noch nicht ausreichen? Solltest Du aus Respekt vor den Gefühlen Deines Gegenübers nicht dann trotzdem Deine Liebe bekunden? Wie Du mir, so ich Dir?

Ich sage, nein!

„ Ich liebe Dich “ ist keine Antwort, sondern ein Bekenntnis.

„Ich liebe Dich “ ist keine Antwort, die man mal eben halbherzig zurück sagt. „Ich liebe Dich“ ist ein Bekenntnis. Ein tiefes Gefühl, welches die Beziehung auf eine verbindlichere Ebene hebt. Mehr als „Ich liebe Dich“ geht nicht. Zuerst schwärmen wir, dann sind wir verknallt, vernarrt, verliebt und dann lieben wir. Und sagen wir es, dann machen wir uns nackig. Machen uns verletzlich. Öffnen uns voll und ganz und sind bereit, alles von uns zu geben für diese Beziehung. So sollte es zumindest sein.

Doch ich kenne einige Menschen, die mit diesem Gefühlsbekenntnis sehr leichtfertig umgehen. Alle paar Monate haben sie einen neuen Partner und immer ist es die große, die einzig wahre Liebe. Ist er der neue „Mann der Träume“, den man heiraten möchte und mit dem man Kinder kriegen will. Wie der davor. Und der davor.

Und bei jedem Einzelnen werden die Worte „Ich liebe Dich“ mit denselben schmückenden Beisätzen in regelmäßiger Gleichförmigkeit wie von Band abgespult. Er sagt es, sie sagt es auch. Und andersherum. Völlig unbedacht wird da mit großen Worten um sich geworfen. Liebe ist – jedenfalls in meiner Welt – etwas, was eine ganze Weile an Zeit und Wachstum braucht, bis sie bei mir ankommt und ich die 3 Worte ehrlichen Herzens sagen kann.

Und wenn es noch nicht soweit ist, dann sagt man sie eben nicht.

Ich habe eine solche Situation auch schon erlebt. Die Situation war perfekt, die Worte rührten mich und ich freute mich sehr, denn ich war mindestens genauso verliebt, wie er… und doch konnte ich „es“ nicht zurück sagen, als ich es das erste Mal von ihm hörte. Es fühlte sich falsch an in diesem Moment. Jedenfalls für mich. Ich war einfach noch nicht soweit. Ich konnte nicht mit „Ich liebe Dich“ antworten, ich wollte „ich liebe Dich“ fühlen und diesem Gefühl meiner Sprache übergeben, wenn ich so weit war. Und das würde ganz automatisch geschehen, darauf vertraute ich.

Hört sich richtig an, nicht wahr? Und trotzdem. Auch, wenn dies die einzig ehrliche Art und Weise ist, mit den Gefühlen des anderen und mit den eigenen umzugehen, quälte mich in in der Zeit danach das schlechte Gewissen. Ich fühlte mich schlecht, dachte, ich hätte die Situation ruiniert, hatte die romantische Erklärung irgendwie beschmutzt und mit einem kühlen Schatten überlagert. Mir war mulmig zumute, ich fühlte mich, als hätte ich eine allseits bekannte Erwartungshaltung nicht erfüllt, als hätte ich den anderen gekränkt. Und tief in mir drin tat mir das unglaublich leid. Nicht erwiderte Gefühle verletzen, wir kennen das alle.

Aber – und das ist jetzt wichtig – jetzt kommt’s:

Lass Dich von diesen irreführenden Gedanken nie, nieeemals nicht!!!, dazu verleiten, „Ich liebe Dich“ nur zurück zu sagen, weil Du glaubst, dass man es von Dir erwartet. Lass es! Es sei denn, Du fühlst es tief in Dir drin und bist bereit dazu. Dann sag es auch. Doch wenn nicht, lass es bleiben.

Überstürze nichts.

Warte auf den Moment, an dem Du vor Gefühlen übersprudelst und die Worte von ganz allein aus Dir heraus blubbern. Du wirst es merken und ohnehin nichts dagegen tun können, wenn es soweit ist. Aber presse sie nicht heraus und lass Dir nicht einreden, weder von Dir selbst, noch von dem Gegenüber oder von irgendwem anders, dass Du ein schlechtes Gewissen haben müsstest, weil Du es nicht im selben Moment wie er/sie sagen konntest. Es gibt keinen Grund, sich deswegen schlecht zu fühlen oder ein schlechtes Gewissen zu haben.

Und wenn Du es doch hast, so wie ich damals, dann wirst Du damit leben können und spätestens, wenn Du es dann auch – ehrlich und aus tiefstem Herzen gemeint – sagst, ist dieser kurze Moment der Enttäuschung vergessen und überall werden Funken & Herzen sprühen.

Was denkst Du darüber? Hast Du schon einmal „Ich liebe Dich “ gesagt, um den anderen nicht zu verletzten oder vor den Kopf zu stoßen – hättest aber eigentlich lieber noch etwas damit gewartet? Wie ist Deine Meinung zu dem Thema?