Das Date lief super, er sah gut aus, war witzig, charmant, hatte die interessantesten Augen, in die Du seit langem geblickt hast, war interessiert… es hätte gar nicht besser laufen können. Und dann stellte er die Frage, die euer bis dahin so erheiterndes Gespräch ins Stocken brachte. 

„Was machst Du denn sonst so, wenn Du nicht gerade arbeitest? Hast Du irgendwelche Hobbys?“

„Hobbys? Na klar habe ich Hobbys.“

Der Arsch. Hätte er sich keine andere Frage überlegen können? 

Was dann folgte, war eine Larifari-Aufzählung von angeblichen Hobbys, die eigentlich keine sind. 

„Musik höre ich gern und ins Kino gehe ich ab und an, schaue gern DVD’s. Ich treffe mich gern mit Freunden.“ BlahBlahBlah. 

DeviderKommt Dir diese Situation bekannt vor? Ich kenne das und ich will Dir sagen, wie ich mich jedes mal dabei fühlte. Unvollständig. Langweilig. Uninteressant. Ja, ich fühlte mich durchschnittlich. 

Und ich wette, Du hast solche Gedanken auch schon des Öfteren gehabt, während Du versuchtest, völlig normale Lebensinhalte als Superhobby zu verkaufen.

Ist Dein Leben wirklich so langweilig, dass Du nicht mehr vorzuweisen hast als Standard-Freizeit-Aktivitäten, denen jeder Mensch mit einem normalen Sozialverhalten ohnehin mehr oder weniger regelmäßig nachgeht? Bist Du so verdammt öde, dass Du „Freunde treffen“ als Hobby deklarieren musst? 

Versteh’ mich nicht falsch, Freunde treffen ist toll, ich liebe es! Aber ist das ein Hobby? 

Ich definiere Hobby für mich so:

Ein Hobby ist eine Freizeitbeschäftigung, die Du nur für Dich machst, die nur Dich selbst betrifft. Mit der Du Dich selbst ausdrückst, entspannst, zu Dir kommst und die Welt um Dich herum vergisst. Nur Du und Dein Segelflieger. Zum Beispiel. Etwas, was Dich völlig vereinnahmt und glücklich macht, etwas, mit dem Du die Zeit vergisst. 

Also los! Such’ Dir verdammt noch mal ein Hobby, welches auch eines ist! Nein, „auf der Couch chillen und fern sehen“ ist raus! Ich meine ein echtes Hobby. Etwa wie: Flamenco tanzen. Zeichnen oder Malen. Deine Klamotten selber nähen. Motocross fahren. Yoga. Fotografieren. Einen Blog schreiben. Backe in Deiner Freizeit die geilsten Torten der Welt.  Siede Seifen oder mach Naturkosmetik selbst. Oder leg Dir einen Gemüsegarten an, designe Deine Schuhe selbst. Mache Musik. Höre sie nicht nur! Werde kreativ!!! 

Warum, wirst Du jetzt fragen. Warum solltest Du das tun, warum ein Hobby suchen? Dein Leben ist doch ganz angenehm so. Das glaube ich Dir sogar. Doch es wird um so viel reicher werden, wenn Du etwas gefunden hast, was die Verlängerung Deiner Selbst ist. Nicht nur, weil es Dich interessant macht. Das ist nur ein wundervoller Nebeneffekt. Sondern weil es Dir auch intensiv etwas über Dich selbst verrät. Glaub mir, ich habe es selbst erlebt! ;-)

Ein Hobby ist Ausdruck Deiner Persönlichkeit, es vervollständigt Dich.

Es verrät Dir nicht nur etwas über Dich. Nicht nur den anderen, nein, vor allem Dir selbst. Es bringt Dich Dir selbst näher! Es ist ein bisschen wie Therapie. In der schönsten Form, die es gibt! 

Darum suche nach einer Beschäftigung, die Dir liegt. Beschäftige Dich mit Deinen Interessen, probiere Dich aus, probiere verschiedene Aktivitäten aus.  

Ich habe selbst lange kein Hobby gehabt. Habe mich mit Alltagsbeschäftigungen durch mein Leben geschlängelt. Und ich habe immer etwas vermisst, es bedauert, dass ich keine Beschäftigung hatte, der ich mit Leidenschaft nach gehen konnte. Wenn ich allein zuhause war, wurde die Glotze angeschaltet. Und ich ließ mich berieseln. Und war das Wochenende oder Abend  vorbei hatte ich ein Gefühl der Leere in mir. Ich hatte nur die Zeit tot geschlagen, aber nichts für mich getan. 

Heute fotografiere und blogge/schreibe ich z. B. leidenschaftlich gern. Ich bewunderte Fotokünstler schon lange, schaute mir super gern Fotografien an. Und kaufte mir irgendwann eine Spiegelreflexkamera. Doch damit hatte ich noch lange nicht mein Hobby gefunden, denn lange Jahre kam die Kamera nur selten zum Einsatz. Irgendwann hatte ich genug vom Rumgammeln und wollte ein echtes Hobby haben. 

Deshalb habe ich ein 365 Tage Projekt angefangen und mache jeden verdammten Tag ein Foto.  Weil ich besser werden wollte im Fotografieren und weil ich mich gern kreativ betätigen wollte. Und weil die Beschäftigung mit der Fotografie, aktiv und passiv, mich einfach glücklich macht. Hier kannst Du übrigens alle bisherigen Fotos meines 365 Tage Projektes von mir sehen und auch weiter verfolgen. 

Und soll ich Dir was sagen? Es passierte etwas ganz seltsames mit mir. Ich sah mir andere Fotografien an, versuchte Bilder nachzustellen. Ich versuchte mich an Photoshop Basteleien, an Composings, Selbstportraits, Still-Leben, Architektur. Ich habe eine Menge durchprobiert. Und während meine Bildersammlung wuchs und ich sie immer mal wieder ansah, reflektierte ich, was ich da produziert hatte und sah. Und lernte mich besser kennen, als je zuvor. 

Meine ersten Bilder zu Beginn waren oft dunkel, traurig, schwermütig, oft schwarzweiß. Z. B., die Bilder von meinen Lost Places. Ich mag sie, aber das ist düster. Ich mag auch schwarzweiß, keine Frage. Immer noch. Doch was ich da sah, brachte mich wirklich ins Grübeln. War das wirklich ich? Dieser Mensch, der oft so viel Schwermut abbildete? Steckte das tatsächlich in mir? Bin das wirklich ich? 

Ja, das war ich. Das bin ich!!! Ich bin ein nachdenklicher Mensch und meine Fotos zeigen das ganz deutlich. Doch – und da wirst Du mir zustimmen, wenn Du insbesondere die Bilder meines 365 Tage Projektes bis heute einmal durch schaust – ich habe mich offenbar verändert. Die Fotografie und das Bloggen, das Schreiben hat mich verändert. Meine Hobbys haben mich verändert. Meine Bilder werden fröhlicher, farbiger, bunter. Meine Hobbys machen mich glücklich und sie leiten mich mehr und mehr zu mir selbst. Und das sieht man! Das spüre ich. Und jedes Mal, wenn ich meine Bilder betrachte, verraten sie mir wieder etwas Neues über mich.  

Ein Hobby ist ein bisschen wie Meditation.

Ich habe es mal mit Häkeln versucht. Nebenbei lief der Fernseher. Und weißt Du, was geschah? Ich war so konzentriert dabei, keine Masche zu verlieren, dass ich den Fernseher gar nicht mehr wahr nahm. Es gab nur mich, die Häkelnadel und die Wolle. Und Stille. Mein Kopf schaltete ab, ich wurde ruhiger und entspannte mich. Es gab keine blöden Gedanken, ich war völlig selbstzufrieden mit mir und der Situation und kam zu mir. Nicht, weil ich es geplant hatte, sondern weil ich während des Häkelns ganz von allein vom Alltag los ließ. Häkeln ist zwar nicht mein Hobby der Wahl, aber ich weiß, dass jeder eine Leidenschaft in sich trägt, die darauf wartet, geweckt zu werden. Und dass jeder, der ein Hobby hat, sich selbst etwas Gutes tut. Und ganz nebenbei sein Leben interessanter gestaltet. 

Wann machst Du Dich auf, die Verlängerung Deiner Selbst zu finden? Gehst los, um Dein Hobby suchen? Oder hast Du es schon gefunden?